Aktueller Stand der Waldkalkungsforschung
Das „Waldsterben“ in den achtziger Jahren hat förmlich zu einer Explosion der Forschung am Ökosystem Wald und allen seinen Bestandteilen geführt. Insbesondere die Auswirkungen der Stickstoff- und Säureeinträge aus der Luft auf den Waldboden standen seitdem an forstwissenschaftlichen Instituten und den Forschungsstellen der Forstbehörden im Zentrum des Interesses. Dabei ging es auch um die wissenschaftliche Beantwortung der Frage nach der Sinnhaftigkeit von Waldkalkungen. Hier finden Sie ein Beispiel zur forstwissenschaftlichen Forschung aus Rheinland-Pfalz sowie eine Auswahl an weiteren Fachartikeln.
Vielen Experten galten Bodenschutzkalkungen mit kohlensauerem Magnesiumkalk vor ca. 30 Jahren nicht als erste Wahl bei der Bekämpfung stark versauerter Waldböden. Einige lehnten sie sogar ganz ab. Doch die Forschungsergebnisse der letzten dreißig Jahre haben auch den Skeptikern gezeigt, dass die Kalkung nicht nur ein probates Mittel für die Regenerierung unserer Waldböden und Wälder ist. Mehr noch: Ohne Bodenschutzkalkungen würden viele Waldstandorte – trotz großer Erfolge in der Luftreinhaltung – weiter versauern.
Vor allem auf basenarmen Böden unverzichtbar
Auch wenn die Belastungen durch Schwefeldioxid-Emissionen in den vergangenen dreißig Jahren stark zurückgegangen sind, so gehen noch immer große Mengen an Stickstoffverbindungen auf den Wald nieder und verursachen weiterhin eine schleichende Versauerung. Insbesondere auf basenarmen, gegenüber Versauerung besonders empfindlichen Böden gibt es nach Jahrzehnten der Forschung unter Fachleuten keinen Zweifel mehr: Zur Abpufferung der versauernd wirkenden Luftverunreinigungen und zur Wiederherstellung der wichtigsten Bodenfunktionen ist die Bodenschutzkalkung eine langfristig wirkende, insgesamt positive Lösung, auf welche die Forstwirtschaft nicht verzichten sollte.
Beispiel Rheinland-Pfalz
Das Kalkungsprogramm, welches die Forstverwaltungen in Rheinland-Pfalz seit Mitte der 1980er Jahre durchführen, wird durch umfangreiche Versuchsreihen zur Prüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen und zur Erfassung potenziell auftretender unerwünschter Nebenwirkungen begleitet. Seit 1989 wird auf drei Versuchsanlagen auf unterschiedlichen Böden im Hunsrück, in der Eifel und dem Pfälzerwald geforscht, wobei gekalkte mit nicht gekalkten Arealen verglichen werden. Das Fazit von Dr. Joachim Block von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz nach 25 Jahren Forschung: „Auf den gekalkten Parzellen ist die Bodenversauerung über viele Jahre gestoppt und die Ernährung der Bäume mit Calcium und Magnesium langfristig verbessert.“
Ohne Kalkung nimmt die Bodenversauerung zu
Reicht für eine Revitalisierung der Böden nicht einfach die weitere Drosselung der Schadstoffbelastung aus der Luft? Hierzu hat Dr. Block eine klare Meinung: „Auch wenn die Einträge aus der Schwefeldioxidemission und die hiermit verbundenen Säurebelastungen inzwischen deutlich gesunken sind, schreitet die Bodenversauerung – ohne Kalkung – auf der Mehrzahl der Waldstandorte in Rheinland-Pfalz fort. Das liegt an den nach wie vor hohen Stickstoffeinträgen und zum Teil auch an Altlasten, deren Abbau mit Bodenversauerung einhergeht.“ Ganz anders aber sind die Entwicklungen auf den untersuchten gekalkten Versuchsflächen. Beispiel: Im Forstamt Birkenfeld (Hunsrück) liegen Parzellen mit vor sieben Jahren angepflanzten Buchen unter Fichten. Die eine Parzelle wurde mit unterschiedlichen Dosierungen gekalkt, die andere blieb ungekalkt. Block: „Auch für den Laien ist der Unterschied überaus deutlich zu sehen: auf der ungekalkten Parzelle hohe Ausfälle und kümmerlicher Wuchs der Buchen, auf den gekalkten Parzellen dagegen wüchsige, zum Teil mannshohe Buchen.“
Neues Konzept soll Notwendigkeit zur Fortführung der Kalkungen aufzeigen
Entgegen manchen Gerüchten ist ein kompletter Verzicht auf Bodenschutzkalkungen von Seiten der aktuellen Landesregierung Rheinland-Pfalz in der näheren Zukunft nicht vorgesehen. Zurzeit wird durch die Forstverwaltung sogar ein neues Kalkungskonzept erarbeitet, das auf einer dem neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprechenden Nährstoffbilanzierung, einer Säurebelastungskalkulation und dem Abgleich mit den Vorräten basischer Nährstoffe im Boden beruht und auch neueste Auswertungen der Langzeit-Kalkungsversuche berücksichtigt.
Dr. Block ist überzeugt: „Zurzeit ist der Umfang der Bodenschutzkalkung in unserem Bundesland noch gering. Ich bin aber zuversichtlich, dass, sobald unser neues Konzept und die entsprechende aktualisierte Planung der zu kalkenden Flächen vorliegt, die Bodenschutzkalkung auf den dann als versauerungsgefährdet ausgewiesenen Standorten im erforderlichen Umfang fortgeführt werden wird.“
Ähnliche Forschungsergebnisse wie in Rheinland-Pfalz wurden auch in den meisten anderen Bundesländern gemacht. Einige davon sowie weitere aufschlussreiche Fachartikel bieten wir Ihnen daher mit den nachfolgenden Links zur Information an:
- Asche, N. & U. Halverscheid (1997): Wirkung einer 1958 durchgeführten Waldkalkung auf Bodenvegetation, Humusform und pH-Wert des Mineralbodens. Ergebnisse einer Rasterkartierung im Hochsauerland, LÖBF, Recklinghausen.
- Feger, Benning & Wahren (2013): Die Bedeutung der Waldböden für Wassermenge und -qualität in Einzugsgebieten, Forum für Wissen 6/2013, S. 91-98.