Rheinland-Pfalz: Neue Ausrichtung der Waldkalkungen erarbeitet

Auf der vom 26. bis 29. September 2016 in Freiburg stattfindenden Tagung erläuterte Dr. Martin Greve von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz das neue Kalkungskonzept für sein Bundesland. Die in seinem Vortrag genannten Daten und Zahlen stehen derzeit noch in wissenschaftlicher Diskussion mit anderen Forschungsanstalten und Universitäten, doch die generelle Ausrichtung sei fix, so Greve: „Zukünftig soll die Entscheidung, ob eine Kalkung notwendig ist oder nicht, anhand von Magnesium (Mg) – und Kalzium (Ca)-Bilanzen, der Säurebelastung und den Mg- und Ca-Vorräten im Boden getroffen werden. In einem umfassenden Projekt arbeiten wir daran, entsprechende Karten für alle Waldflächen in Rheinland-Pfalz zu entwickeln. Der Kalkungsturnus wird sich nach der Stärke der Säurebelastung und dem Umfang vorangegangener Kalkungen vor Ort richten.“

Worin liegt der Hauptunterschied des neuen Konzepts im Vergleich zur bisherigen Kalkungspraxis in Rheinland-Pfalz? Greve erklärt: „In Rheinland-Pfalz dominieren unter dem Wald basenarme Ausgangssubstrate. Bisher haben wir unsere Kalkungsgutachten auf Basis der vorliegenden Daten zur Basensättigung und der pH-Werte durchgeführt. Mit dem neuen Konzept wollen wir eine besser an die Standortsverhältnisse angepasste Planung der Bodenschutzkalkung erreichen.“

Für jeden Waldboden in Rheinland-Pfalz wird in Zukunft anhand der oben genannten Indikatoren darüber entschieden, ob eine Kalkungsnotwendigkeit besteht oder nicht, in welchem Turnus gekalkt werden soll und welches Kalkungsmaterial dabei verwendet wird.

Die Kalkungsbedürftigkeit

Die Kalkungsbedürftigkeit wird sich an der Netto-Säurebelastung sowie den Bilanzen bei „Derbholznutzung“ (d. h. Nutzung des oberirdischen Holzes mit einem Durchmesser von mehr als sieben Zentimetern mit Rinde) und den Vorräten von Kalzium und Magnesium des jeweiligen Standortes orientieren. Von der Bodenschutzkalkung ausgeschlossen werden Standorte, bei denen die Netto-Säurebelastung bei Derbholznutzung (NSB-D) weniger als 0 beträgt. Auch bei positiver NSB-D soll die Kalkung dann ausgeschlossen sein, wenn sowohl die Mg-Bilanz als auch die Ca-Bilanz bei Derbholznutzung positiv ist. Bei negativen Bilanzen werden die Standorte von der Kalkung ausgeschlossen, deren austauschbarer Mg-Vorrat mehr als 350 kg/ha und deren austauschbarer Ca-Vorrat mehr als 2.000 kg/ha betragen. Eine Bodenschutzkalkung wird dagegen empfohlen, wenn Standorte mit geringen oder mittleren Mg- und/oder Ca-Vorräten bei Derbholznutzung negative Mg- und/oder Ca-Bilanzen sowie eine Netto-Säurebelastung aufweisen.

Der Kalkungsturnus

Der Kalkungsturnus bzw. die Intervalle zwischen den einzelnen Kalkungen werden sich nach der Netto-Säurebelastung bei Derbholznutzung (NSB-D) richten. Dabei ist davon ausgegangen worden, dass drei Tonnen Dolomit pro Hektar (ha) eine Säureneutralisationskapazität von ungefähr 50 keq/ha haben. Darauf aufbauend wurden anhand der Nettosäurebealstung bei Derbholznutzung folgende Stufen und Kalkungsintervalle ausgewiesen:

Netto-Säurebelastung

  • ≤ 1 keq/Hektar/Jahr
  • ≤ 1,3
  • ≤ 1,7
  • ≤ 2,5
  • ≤ 3,3
  • > 3,3
  • = 50 Jahre
  • = 40 Jahre
  • = 30 Jahre
  • = 20 Jahre
  • = 15 Jahre
  • = 10 Jahre

Erklärung Nettosäurebealstung:  Von der gesamten Säurebelastung, ermittelt anhand von Elementbilanzen und Ernteentzug, wird die ökosystemverträgliche Pufferung durch Mineralverwitterung und Basekationendeposition abgezogen.

Das Kalkungsmaterial

Schließlich gilt es zu bestimmen, welches Kalkungsmittel für den jeweiligen Waldboden am besten geeignet ist. Bisher wird in Rheinland-Pfalz Dolomit eingesetzt. Bei Dolomit handelt es sich um reinen kohlesauren Magnesiumskalk mit einem Karbonatgehalt von rund 85 Prozent. Aktuell wird ein weiteres Material, das sogenannte Dolomit+, auf Versuchsflächen getestet. Beim Dolomit plus wird dem Dolomit zusätzlich Holzasche und Phosphor beigemischt. Die Phosphor-Menge soll dabei dem durch die Holzernte verursachten Phosphor-Entzug entsprechen. Das optimale Mischungsverhältnis wird derzeit noch untersucht. In der aktuellen Experimentalphase wird eine Mischung bestehend aus 77 Prozent dolomitischer Kalk, 20 Prozent Holzasche und drei Prozent Phosphor-Dünger erprobt. Im Vergleich mit unbehandelten Kontrollen und reinen Kalkungsvarianten sollen die Wirkungen geprüft und auf ungewollte Nebenwirkungen geachtet werden.

Die Zuführung von Holzasche und Phosphor im Bedarfsfall ist eine Konsequenz der Erkenntnisse, dass einerseits unausgewogene Nährstoffverhältnisse oder auch dauernder einseitiger Nährstoffmangel die Vitalität der Bäume und auch ihre Stresstoleranz bei Trockenheit deutlich verringert. Somit kann durch die Nährstoffrückführung mittels Holzasche die Gesundheit der Bäume an kritischen Standorten gestärkt werden.

„Dolomit+“ könnte in Zukunft auf kalkungsbedürftigen Standorten anstelle von reinem Dolomit eingesetzt werden, wenn sich entweder die gesamten Phosphor-Vorräte auf weniger als 950 kg/ha belaufen oder wenn die austauschbaren Kalium-Vorräte weniger als 220 kg/ha und zugleich die ermittelte Kalium-Freisetzung aus der Mineralverwitterung abzüglich des Kalium-Entzugs bei Derbholznutzung weniger als Null betragen.

Das neue Kalkungskonzept in Rheinland-Pfalz finden Sie auf der Webseite der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz.